Leitfaden: SEO und Gendern – So geht gendergerechte Sprache online
Geschlechtergerechte Sprache und Ansprache im SEO
Ohne Frage: Immer mehr Menschen gendern und achten dadurch darauf, dass ihre Sprache kein Geschlecht ausschließt. Immer häufiger ersetzen gendergerechte Begriffe das generische Maskulinum, damit sich davon nicht nur männliche Personen, sondern auch weibliche und Menschen mit anderen Geschlechtsidentitäten adressiert fühlen. Auch Unternehmen setzen zunehmend auf eine geschlechtergerechte Sprache – sei es, um der wachsenden Nachfrage innerhalb ihrer Zielgruppen gerecht zu werden oder ihre Toleranz gegenüber allen Geschlechtern (und Nicht-Geschlechtern) auszudrücken. Die Zauberworte: Inklusion und Diversität. Die Werkzeuge: Gender-Sternchen, Gender-Gap, Binnen-I und Doppelpunkt. Doch wie verträgt sich die gendergerechte Schreibweise mit den digitalen Anforderungen, die Marken heutzutage erfüllen müssen, um gesehen zu werden? Leidet das SEO-Ranking auf Google und Co., wenn Unternehmen ihren Online-Content gendern? Ist die geschlechtergerechte Optimierung unserer Sprache mit Suchmaschinenoptimierung vereinbar? Die kurze Antwort: Ja! Unsere Tipps zeigen, wie's geht und wo die Stolperfallen liegen.
SEO und Gendern – Beziehungsstatus: Nicht ganz unkompliziert
Google und andere Suchmaschinen sind männlich dominiert – und das ist wenig überraschend. Das generische Maskulinum hat sich über Jahrhunderte in unserer Sprache durchgesetzt, also auch auf Google. Beim generischen Maskulinum steht die männliche Form stellvertretend für alle Geschlechter. Es meint Frauen also mit, ohne dass explizit die weibliche Form erwähnt wird. Doch vor allem in den letzten Jahrzehnten hat die Auflösung der männlichen Dominanz an Bedeutung gewonnen. Erste Emanzipationsbewegungen von Frauen gab es schon um 1200 n. Chr. und während der Französischen Revolution. So richtig an Fahrt aufgenommen hat die weibliche Emanzipation im 19. Jahrhundert mit dem Wahlrecht für Frauen und der 68er-Bewegung. Heute sind wir an einem Punkt, an dem neben dem biologischen vor allem das soziale Geschlecht (engl. Gender) den öffentlichen Diskurs prägt. Damit verbundene soziale Normen, traditionelle Geschlechterrollen und -stereotypen (engl. Gender Bias) werden hinterfragt. Dennoch sind sie in unserer Sprache nach wie vor verbreitet. Wer das Wort "Polizist" hört, denkt in erster Linie einen Mann. Mit Frauen verbindet man stattdessen Berufe wie Erzieherin, Arzthelferin oder Sekretärin.
Wie stark auch Google diese Stereotypen bedient und verinnerlicht hat, zeigt ein kleiner Praxistest: Tippt man das Wort "Erzieher" in die Google-Suche, liefert die Suchmaschine auffallend viele Ergebnisse für die weibliche Bezeichnung. Insgesamt aber sind für männliche Keywords deutlich mehr Seiten indexiert: 21,5 Millionen für "Erzieher", aber nur knapp 10 Millionen für "Erzieherin" (Stand: Juni 2022). Googelt man "Designer", findet die Suchmaschine mehr als 5 Milliarden Ergebnisse. Für die weibliche Form "Designerin" sind es gerade mal 5,5 Millionen. Ein Blick in die Google-Trends offenbart, dass männliche Keywords im Allgemeinen ein höheres Suchvolumen haben als ihre jeweilige feminine Form. Eine selbständige Designerin, die mit einer Website Online-Marketing für ihre Tätigkeit betreiben will, hat also technisch gesehen höhere Chancen auf erfolgreiche Eigenwerbung, wenn sie von sich selbst in der maskulinen Form spricht. Irritierend, oder?
Dass Google eher auf die männliche Form anspringt und Suchanfragen zu maskulinen Begriffen häufiger sind als zur femininen Variante, ist ein Henne-Ei-Problem. Dass Menschen eher das generische Maskulinum suchen, hat sich über lange Zeit gesellschaftlich etabliert. Und der Google-Algorithmus hat gelernt, Ergebnisse anzuzeigen, die diesen Suchanfragen entsprechen. Dass die sprachliche Inklusion ohne gendergerechte Sprache geringer ausfällt, kann im Dschungel der Algorithmen schon mal in Vergessenheit geraten. Die gute Nachricht: Für Unternehmen, die auf ihrer Website gendern und damit ein Zeichen setzen möchten, gibt es einige Tipps und Tricks, um trotzdem ein gutes Ranking zu erzielen.
Die Qual der Wahl – Diese Gender-Schreibweisen gibt es
- Gendersternchen: Designer*innen
- Gender-Gap: Designer_innen
- Binnen-I: DesignerInnen
- Doppelpunkt: Designer:innen
- Schrägstrich: Designer/-innen
- Doppelnennung: Designer und Designerinnen
- Geschlechtsneutrale Formulierung: z. B. Designende, Lehrpersonen, Studierende, Kundschaft
Welche geschlechtergerechte Schreibweise ist SEO-freundlich?
Wer vor allem die feminine Form in seinen Web-Content integrieren möchte, kann bei unserem Beispiel-Keyword "Designer" durch die Doppelnennung "...und Designerinnen" sicherstellen, dass sich auch Frauen angesprochen fühlen. Personen mit nicht-binärem Geschlecht schließt diese Form allerdings aus. Für eine 100% gendergerechte Sprache eignet sich die Doppelunkt-Schreibweise am besten. Der Google-Algorithmus erkennt sie ähnlich gut wie eine Doppelnennung – nur dass sie eben auch Personen einbezieht, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen. Einen Haken gibt es: Der Doppelpunkt kürzt Keywords in der männlichen Form teilweise so, dass Google sie nicht mehr ausmachen kann – zum Beispiel "Kunde" zu "Kund:in". Für die meisten Keywords lässt sich die Doppelpunkt-Schreibweise allerdings ohne SEO-Einschränkungen nutzen.
Gendern mit Sternchen, das Gender-Gap und das Binnen-I kann der Google-Algorithmus dagegen nur schwer mit maskulinen Keywords in Verbindung bringen. Das Binnen-I liest die Suchmaschine eher als nicht-männliche Formulierung. Das Sternchen ersetzt Google Suggest bei vielen Google-Suchen mit einem Leerzeichen. Beim Gendern mit Gap oder auch bei der Schreibweise mit Schrägstrich liegt die Vermutung nahe, dass diese allzu sehr von den Google Quality Guidelines abweichen. Sie besagen, dass eine übertriebene und falsche Zeichensetzung Indikator für eine geringe Content-Qualität ist. Als SEO-Kriterium wirkt sie sich nachteilig auf das Ranking aus und ist somit nicht empfehlenswert, zumindest aus SEO-Sicht.
Checkliste: SEO-konform gendern – Tipps und Tricks für mehr Auffindbarkeit
Für uns ist klar: SEO-Kriterien sollten sich inklusiver Sprache anpassen, nicht andersherum. Du hast dich für eine Schreibweise entschieden, mit deren SEO-Sichtbarkeit du leben kannst? Dann haben wir hier noch ein paar schnelle Ratschläge für dich, die deine Auffindbarkeit trotz Gendern erhöhen.
- Fokussiere dich auf dein Thema oder deine Tätigkeit, nicht auf die ausübenden Personen. Baue neutrale Formulierungen in deine SEO-Texte ein, die dem meistgesuchten Keyword ähneln – zum Beispiel "Design" anstelle von "Designer" bzw. ergänzend zu "Designer:in", "Designer*in", …
- Arbeite mit genderneutralen Ausdrucksweisen, die synonym für Keywords stehen – zum Beispiel "Geschäftsleitung" anstelle von "Chef".
- Verstecke die männliche Bezeichnung nicht in deinem Content, sondern an unauffälliger Stelle – zum Beispiel in der URL, Alt Tags, Dateinamen, Bildtiteln, den HTML-Beschreibungen von Videos oder JavaScript <noscript> bei interaktiven Elementen. Diesen Trick solltest du allerdings nur anwenden, wenn er in den Kontext passt und nicht über den Inhalt hinwegtäuscht.
- Überlege dir, ob es sinnvoll ist, dich in manchen SEO-Texten nicht am männlichen Keyword zu orientieren, sondern bewusst die weibliche Form zu kumulieren. Feminine Keywords tauchen seltener in Suchanfragen auf. Dafür haben sie eine geringere Keyword Difficulty und du somit höhere Chancen, einen Treffer bei deiner Zielgruppe zu landen – vor allem, wenn sie ohnehin eher weiblich ist.
- Versuche, bei Begriffen wie "Kund:in" oder "Expert:in" die maskuline Form "Kunde" bzw. "Experte" anhand von konkreten Beispielen oder Personen einzubauen.
Letztlich sollte dein SEO-Ziel eine ausgewogene Mischung sein: gegenderte Sprache, alternative neutrale Begriffe und die explizit männliche oder weibliche Form da, wo sie passt. Schließlich soll Content Marketing nicht nur besonders sichtbar, sondern auch lesbar sein.
Das Fazit – und wie wir in unserer Agentur gendern
Als Agentur für Kommunikationslösungen ist Ausdruck unser täglich Brot – sei es in visueller Hinsicht oder in Bezug auf Sprache. Mit unserer Arbeit möchten wir Menschen begeistern und inspirieren – ganz gleich, welchem Geschlecht sie sich zuordnen. Gleichzeitig macht SEO einen großen Teil unserer Arbeit aus. Wir gestalten Web-Auftritte und entwickeln Online-Marketing-Maßnahmen. Suchmaschinenoptimierung zählt zu den häufigsten Empfehlungen, die wir unseren Auftraggeber:innen dabei an die Hand geben. Das Thema ist also für uns als Agentur wichtig. Aber auch für uns als Menschen. Fest steht: Google passt sich unserem Verhalten an. Je konsequenter wir Texte für Personen jeden Geschlechts formulieren, desto mehr werden gendergerechte Suchanfragen zur Gewohnheit und gendersensible Sprache sichtbar – weil wir Google damit zeigen, dass die Relevanz von Content nicht an das generische Maskulinum gebunden ist.
Ich freue mich, Sie mit diesem Blogbeitrag auf dem neuesten Stand rund um das Thema Online-Marketing zu halten.